Mobilität – der Weg zum Erfolg? Ein Rückblick.

Dieser weit gefassten Frage – die der Komplexität und Vielfältigkeit des Themenfeldes von Mobilität und Migration Rechnung trägt – widmete sich eine Abendveranstaltung der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde (SGV) am 27. September 2016. Gemeinsam mit ausgewählten ReferentInnen des Seminars für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der Universität Basel und eingeladenen ExpertInnen wurden die Themen Mobilität und Migration einem breiten Publikum vorgestellt.

In spannenden Kurzvorträgen erörterten die ReferentInnen die Frage mithilfe von Praxisbeispielen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung und anhand von individuellen biographischen Erfahrungen aus dem Alltag von Betroffenen. Zugleich wurden die Erkenntnisse mit wissenschaftlichen Konzepten untermauert. Mehrere thematische Diskussionsblöcke mit eingeladenen Podiumsgästen aus der öffentlichen Verwaltung des Kantons Basel-Stadt, der Universität Basel und der Expat-Freiwilligenarbeit ergänzten die Vorträgen und gaben ihnen einen abwechslungsreichen Rahmen. Die Veranstaltung mündete in einem offenen und vielstimmigen Austausch mit den sehr interessierten ZuhörerInnen, der beim anschliessenden Apéro in einzelnen Grüppchen angeregt weitergeführt wurde.

Zweifelsohne ist der Alltag einer Vielzahl von Menschen, gerade auch von höher qualifizierten Personen, beinahe in selbstverständlicher Weise von Mobilität und Migration – im beruflichen und privaten Kontext – geprägt. Zentrale erfolgsbegünstigende Aspekte in diesem Zusammenhang sind Möglichkeiten nutzen, Chancen wahrnehmen und Flexibilität zeigen zu können. Auf der persönlichen Ebene ist dies zum Beispiel eng verbunden mit individuellen Wünschen und Entscheidungen. Zugleich nehmen aber auch die Anforderungen von Unternehmen und Universitäten, die eigene Familie sowie politische und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Einfluss. Es gilt, diese allesamt mit den persönlichen Bedürfnissen in einen alltagspraktikablen Einklang zu bringen.

Hélène Oberlé verdeutlichte anhand ihrer individuellen beruflichen und persönlichen Mobilitätsbiografie exemplarisch, wie lokales Leben und Sich-Wohlfühlen vor Ort bei gleichzeitigen globalen beruflichen und familiären Beziehungen von ihr gelebt und erlebt wird. In einem zweiten Vortrag stellte sie basierend auf den Erkenntnissen ihrer Forschung zu hochqualifizierten Angestellten, die aus Israel in die Schweiz migrieren, mögliche Beweggründe für die Mobilität dieses Personenkreises dar. Unter Einbezug des Konzepts der Motilität zeigte sie auf, welche Herausforderungen für die mobilen AkteurInnen damit einhergehen und welche, meist persönlichen Faktoren zu einer erfolgreichen Mobilität im Wesentlichen beitragen können.

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Hélène Oberlé (stehend) und Laure Sandoz (sitzend)

Anschliessend beschäftigte sich Laure Sandoz in ihrem Vortrag (aus der Makroperspektive) mit verschiedenen Gruppen von AkteurInnen, die ein besonderes Interesse an Mobilität haben. In Verbindung mit ausgewählten persönlichen Sichtweisen einzelner dieser AkteurInnen gelang es ihr, zugleich auf individueller Ebene zu verdeutlichen, welche beruflichen und privaten Motivationen zu Mobilität führen können und inwieweit diese, durch herrschende Mobilitätsregime auf der alltäglichen Handlungsebene direkt beeinflusst und geformt werden. Dr. des. Katrin Sontag brach in ihrer Präsentation die klassische und weit verbreitete dichotome Konzeption von Orten und Räumen auf und zeigte, dass diese vielmehr als transnationale soziale Räume aus der Perspektive der mobilen und migrierenden AkteurInnen individuell betrachtet werden müssen.

Im Rahmen der Podiumsdiskussion gab Dr. Patrick Koch, Projektleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachstelle Diversität und Integration der Kantons- und Stadtentwicklung Basel-Stadt, einen interessanten Einblick in die strategische Ausrichtung der Arbeit der kantonalen Verwaltung. Im Mittelpunkt der Strategie steht für die Fachstelle das Ziel, die Stadt hinsichtlich ihrer Lebensqualität – z.B. in Fragen der Sicherheit und einer ausgewogenen kulturellen Durchmischung der Wohnquartiere – und ihrer ökonomischen Attraktivität anziehend zu gestalten. Dies sowohl für etablierte und neu zuziehende EinwohnerInnen als auch für die vor Ort angesiedelten Unternehmen.

Die Leiterin des Welcome Center der Universität Basel, Dr. Tanja Popovic, berichtete als Podiumsgast einprägsam und mithilfe von anschaulichen Praxisbeispielen über ihre vielfältige Arbeit. Als Ansiedlungsmanagerin steht sie für Studierende, Forschende und Dozierende sowie deren Angehörige und Nachziehende in nahezu allen Fragen – gleichermassen administrativen, beruflichen wie auch privaten – mit Rat und Tat unterstützend zur Seite. Individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse der Personen zugeschnittene Beratung erleichtert den NewcomerInnen den Start in Basel sowohl beruflich wie auch persönlich.

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Von links: Lorraine Rytz-Thériault, Tanja Popovic und Katrin Sontag 

Ebenso konnte Lorraine Rytz-Thériault durch ihre langjährige Erfahrung als Community Organizer spannende emphatische Einblicke in die Expat-Freiwilligenarbeit geben. Diese Einblicke liessen vor allem auch die emotionale Dimension von Mobilität und Migration aus Sicht der Betroffenen und deren grosse Bedeutung für ein erfolgreiches Gelingen augenscheinlich werden.

Am offiziellen Ende der Veranstaltung stand eine lebhafte Diskussion mit allen Beteiligten und dem gesamten Publikum. Dr. Sabine Eggmann, die Moderatorin des Abends, nutzte die Diskussion zugleich für eine Zusammenfassung des Abends, der schlussendlich bei einem gemütlichen Apéro ausklang: eine weitere Möglichkeit, sich in angenehmer Atmosphäre intensiv auszutauschen. Für den rundum gelungenen Abend möchten wir an dieser Stelle allen Anwesenden nochmals herzlichst danken!

Thomas Heid, Doktorand an der LMU München

Die gut besuchte Veranstaltung wurde gemeinsam mit dem Nationalen Forschungsschwerpunkt «nccr – on the move» und der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) organisiert. Dank deren Unterstützung konnte die zweisprachig abgehaltene Veranstaltung durchgängig simultan in Englisch und Deutsch übersetzt werden.

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Die zwei Übersetzerinnen im Vordergrund